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joseph carlson

  • Head Lines # 1-21.7
  • Head Lines # 2-04.8
  • Head Lines # 3-17.7
  • Head Lines # 4-12.8
  • Head Lines # 5-30.4
  • Head Lines # 6-11.1
  • Head Lines # 7-09.10
  • Head Lines # 8-07.10
  • "Unterschriften
    voller Macht"
    Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
    12 04 2015
  • JOSEPH BINDER
    AWARD 2016
  • Head Lines 2018
    Head Lines # 10-14.6

    NEU
  • Head Lines # 9-08.1

    NEU
  • Head Lines # 11-31.5

    NEU
  • Head Lines # 13-27.8

    NEU
  • Head Lines # 14-27.3

    NEU
  • Head Lines # 15-26.2

    NEU
  • Head Lines # 16-21.12

    NEU
  • Head Lines # 17-01.10

    NEU
  • Head Lines # 18-28.7

    NEU
  • Justin Trudeau Signature
    Head Lines # 19-25.12

    NEU
  • Head Lines # 20-20.7

    NEU
  • Head Lines # 21-03.6

    NEU
  • Head Lines # 12-28.7

    NEU
  • Head Lines # 22-01.3

    NEU
  • Head Lines # 23-15.6

    NEU
  • Head Lines # 24-17.9

    NEU
  • Head Lines # 25-12.11

    NEU
  • Head Lines # 26-11.9

    NEU
  • HeadLines
    Head Lines # 27-26.9

    NEU
  • essay Norbert Lammert

Head Lines sind Linien, die von politischen Köpfen geformt werden. Signaturen der Mächtigen, die unsere Welt bestimmen. Sie sind der Stoff für die Bilder, die auf völlig eigenständige Art Politik zum Sprechen bringen. Bilder, die verbunden sind durch ihren formalen Charakter, durch eine intensive Farbigkeit, durch eine spannungsreiche Linienstruktur und durch ein bewegtes Bildgeschehen. Sie sind ebenso verbunden durch ihren Inhalt. Denn so abstrakt die Bilder erscheinen mögen, so konkret und so realistisch sind sie in ihrer Substanz. Schriftelemente deuten sich an. Handschriftliches. So einzigartig, wie es nur Namenszüge sein können. Damit öffnet sich die inhaltliche Dimension dieser Bilder.

Sie zeigen Ausschnitte und Einzelformen konkreter Signaturen. Es sind Signaturen, die unsere Gegenwart bewegen. Dahinter stehen Köpfe, die für unsere Generation die Welt, das Leben und auch die Headlines bestimmen – von Trump bis Merkel, von Victor Orbán bis Xi Jinping. Weltbekannte Köpfe, die wir gut zu kennen glauben. Doch in dieser Weise haben wir sie noch nie gesehen. Wir kennen ihre Gesichter. Doch hier sehen wir ihr Tun, ihr Entscheiden, ihr Gestalten, ihr Bekräftigen. Es zeigt sich Bewegung – dort, wo Wichtiges bewegt wird. Die Bilder offenbaren nicht die vollständigen Namenszüge. Nicht auf das Faktum, sondern auf das Momentum kommt es an. Auf den Charakter, den Duktus der Bewegung. Das Lebendige. Das Persönliche und Individuelle. Köpfe erzeugen Linien. Head Lines. Das, was ganz oben steht und ganz oben geschieht.

Hinter der Ebene des Sujets, für das der Begriff Head Lines steht, sehen wir eine weitere Ebene der bildschöpferischen Imagination. Die Linienstrukturen schaffen Bildräume. Sie geben der Fläche, die sie besetzen, eine Tiefe, ebenso der Fläche, die sie nicht besetzen. Sie lassen oft große Bereiche der Bildfläche unberührt und rücken sie damit in den Blick. Sie geben dem „unbeschriebenen“ Raum eine Gestalt. Daraus entstehen Bilder mit deutlich unterscheidbarem Bildgeschehen. Nicht nur die Hintergrundfarbe, nicht nur die persönliche Handschrift erzeugen Individualität, sondern ebenso die imaginären Räume mit ihrem Assoziationsreichtum. Die Linienbewegungen wirken nicht nur durch sich, durch ihren Duktus und ihre Dramatik, sondern auch durch den Raum außerhalb ihrer selbst, den sie beeinflussen.

 
 
 
 

Head Lines # 1-21.7

2015
Shinzo Abe
Prime Minister
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 2-04.8

2015
Barack Obama
US President
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 3-17.7

2015
Angela Merkel
Federal Chancellor
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 4-12.8

2015
François Hollande
President
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 5-30.4

2015
Stephen Harper
Prime Minister
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 6-11.1

2015
Matteo Renzi
Prime Minister
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 7-09.10

2015
David Cameron
Prime Minister
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 8-07.10

2015
Vladimir Putin
President
acrylic and silk screen
on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 10-14.6

2017
Donald Trump

President of the United States
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 9-08.1

2017
Kim Jong-un

Supreme Leader of North Korea
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 11-31.5

2017
Viktor Orban

Prime Minister of Hungary
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 13-27.8

2018
Sebastian Kurz
Chancellor of the Federal Republic of Austria
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 14-27.3

2018
Mariano Rajoy
Prime Minister of Spain
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 15-26.2

2018
Recep Tayyip Erdogan
President of Turkey
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 16-21.12

2018
Emmanuel Macron
President of France
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 17-01.10

2018
Theresa May
Prime Minister of the United Kingdom
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 18-28.7

2017
Alexis Tsipras
Prime Minister of Greece
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 19-25.12

2017
Justin Trudeau
Prime Minister of Canada
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 20-20.7

2018
Enrique Pena Nieto
President of Mexico
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 21-03.6

2017
Raul Castro
President of the Council of State of Cuba
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 12-28.7

2017
Hugo Chavez
President of Venezuela
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 22-01.3

2017
Dalia Grybauskaite
President of Lithuania
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 23-15.6

2017
Xi Jinping
President of the People’s Republic of China
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 24-17.9

2018
Narendra Modi
Prime Minister of India
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 25-12.11

2018
Hassan Rouhani
President of Iran
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 26-11.9

2018
Bashar al-Assad
President of Syria
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Head Lines # 27-26.9

2017
Petro Poroshenko
President of Ukraine
ink on canvas
47,24 x 31,5 x 1,77 in
(120 x 80 x 4,5 cm)

Zeichen der Macht und Macht der Zeichen

Politik und Kunst sind zwei die Geschichte der Menschheit prägende Gestaltungsformen, die ebenso viel miteinander verbindet wie voneinander unterscheidet. Beide entfalten sich als Lebensäußerungen und Gestaltungsansprüche von Menschen, beide beziehen sich auf die Gesellschaft und setzen sich mit ihr auseinander, ihrem aktuellen Zustand wie ihren Möglichkeiten und Entwicklungsperspektiven. Dabei folgen sie aber einer jeweils grundverschiedenen Logik: Das Medium der Politik ist die Macht, das Medium der Kunst ist die Form. Auch wenn beide damit nicht hinreichend beschrieben sind, ist offensichtlich, dass politische Prozesse mit ästhetischen Maßstäben nicht zu messen sind,
die wiederum für jedes Kunstwerk konstitutiv sind.

Die Behauptung, jede Kunst sei politisch, ist ebenso beliebig wie die gegenteilige Vermutung, sie genüge sich selbst, „l’art pour l’art“. Zweifellos gibt es Kunstwerke, die im Wortsinn politisch motiviert sind, und künstlerische Positionen, die dezidiert politische Inhalte transportieren. Sie finden sich insbesondere in der Literatur und im Theater, aber auch in der Musik und selbstverständlich auch und nicht zuletzt in der bildenden Kunst. Beispiele dafür finden wir weltweit in den öffentlichen Museen wie in Regierungsgebäuden, Staatskanzleien und Ministerien, zunehmend auch in Parlamenten – nicht selten als abschreckende Beispiele für die Instrumentalisierung der Kunst für politische Zwecke in Gestalt von dröhnender Propaganda, subtiler Persiflage, ideologischer Überhöhung, gezielter Diskriminierung oder demonstrativer Erniedrigung.

Der Bilderzyklus Head Lines von Joseph Carlson gehört zweifellos in die Kategorie politischer Kunst und unterscheidet sich offensichtlich von den genannten Verirrungen. Joseph Carlson veranschaulicht weder konkrete Ereignisse noch abstrakte Ideen. Er setzt sich – wie viele Künstler – mit Köpfen auseinander, die politisch Bedeutung haben oder hatten, aber nicht in der vertrauten Form von Herrscherporträts in mehr oder weniger wirklichkeits-naher Gestalt, sondern von Zeichen, die ebenso stilisiert wie authentisch sind: Unterschriften. Sein Stoff sind die Signaturen der Machthaber, der Entscheidungsträger, die mit ihrem Willen zugleich Staatsakte setzen und gesellschaftliche Entwicklungen befördern oder behindern.

Kunst handelt von Wahrnehmungen, Politik von Entscheidungen. Die Signaturen der Mächtigen sind nicht unbedingt mächtige Zeichen, ihre Wirkungsmacht ergibt sich nicht aus sich selbst, sondern aus ihrer Akzeptanz als gültige, beglaubigte Willensakte. Politische Entscheidungen drücken sich aus in kollektiven wie in individuellen Voten, in Gesetzen, Kommandos oder Befehlen. Ihr Anspruch auf Geltung manifestiert sich von der Antike bis in die digitale Neuzeit in der Regel durch einen sichtbaren Beleg: die Unterschrift.

Genau hier, bei der Dimension des Sichtbaren, setzt Joseph Carlson an. Er stützt sich allein auf das Visuelle, die konstante, vom jeweiligen Anlass, dem Kontext und der Tragweite unabhängige Sichtbarkeit. Die Head Lines sind nicht das, was sie scheinen; sie wirken auf den ersten Blick wie eine zeitgenössische Form der Kalligraphie und sind genau das nicht: Schönschrift. Für die Wirkung eines Schriftzeichens ist seine (schöne) Form völlig unerheblich, für die Schönheit einer künstlerischen Handschrift ist deren (politische) Wirkung geradezu irrelevant. Die Head Lines von Joseph Carlson haben ein starkes kalligraphisches Moment, sie bleiben abstinent gegenüber jeder auch nur angedeuteten Ausmalung von Anlass, Folgen und Auswirkungen. Sie zeigen nur das, was an diesen Signaturen sichtbar ist: ihre Handschrift, ihren Duktus, ihren Rhythmus. Durch Hervorhebung eines willkürlich, nicht politisch, sondern ästhetisch gewählten Ausschnitts reduziert Carlson die Unterschrift auf das reine Zeichen. Das Bild wird auf diese Weise unschuldiger als der Gegenstand. Die Head Lines sind weder Unterschriften noch Überschriften, sondern scheinbar harmlose Zeichen mächtiger Köpfe.

Unserer Fantasie ist bei der Betrachtung der Bilder keine Grenze gesetzt. Die Assoziationen sind ohne Kenntnis des Gegenstandes völlig anders als mit dem Wissen um die jeweilige Person und die Wahrnehmung ihrer Unterschriften als machtvolle Versionen unter vielen Tausend anderer Schriftzeichen. Wir wissen, was durch Unterschriften geschieht, was angeordnet oder veranlasst, verboten oder erlaubt werden kann, was erreicht oder versäumt oder vertagt wird, was geschaffen oder zerstört werden kann. In Signaturen spiegelt sich die Macht Einzelner. Sind Unterschriften deshalb meistens unleserlich? Kann man sich hinter der eigenen Unterschrift verstecken? Wirken handschriftliche Namenszüge zufällig rätselhaft, magisch, genialisch, wirr?

Wem gehört welche Unterschrift? Mit welchem Kopf verbindet sich welches Zeichen? Es ist eine ernüchternde Erfahrung, dass sich aus Signaturen nicht erkennen lässt, ob sie von Autokraten, Demokraten oder Despoten stammen. Joseph Carlsons Head Lines sind Kunstwerke, keine Dokumente. Man könnte sie als rein ästhetische Projektionen wahrnehmen und sie sind mit Blick auf konkrete Machthaber vielleicht auch nur so zu ertragen. Wir suchen in den Zeichen nach Merkmalen, die uns das Wesen der Unterzeichner offenbaren könnten, aber wir finden sie nicht. Der Betrachter ist fasziniert und erschrocken zugleich, fast wie der babylonische König Belsazar auf dem berühmten Gemälde von Rembrandt oder in Heinrich Heines Ballade: „Und sieh! Und sieh! An weißer Wand / da kam’s hervor wie Menschenhand… / Die Magier kamen, doch keiner verstand / zu deuten die Flammenschrift an der Wand.“

Das Bild ist nicht die Botschaft: Sie entsteht erst im Kopf des Betrachters, der die Zeichen der Macht zu erkennen und die Macht der Zeichen zu deuten vermag.

Norbert Lammert

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